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Physiologie der Wundheilung

Einleitung

Die Wundheilung ist ein komplexer Stoffwechselvorgang, an dem verschiedene zelluläre und extrazelluläre Bestandteile in fein abgestimmter Weise zusammen wirken. Ziel ist die morphologische und funktionelle Herstellung von zerstörtem Gewebe. Die Wundheilung gliedert sich in verschiedene Phasen, die sich überlappen und teilweise parallel ablaufen. Die komplexen und dynamischen Vorgänge in den einzelnen Phasen werden durch Zytokine und Wachstumsfaktoren gesteuert.

Der Verlauf der Wundheilung lässt sich wie folgt gliedern:

  • Hämostase
  • Entzündungs- oder Exsudationsphase
  • Granulations- oder Proliferationsphase
  • Reepithelisierungsphase
  • Remodellierung

Hämostase und provisorischer Wundverschluss

Die Hämostase, auch Blutstillung genannt, wird durch eine Verletzung des Gefäßendothels ausgelöst.
Anfänglich werden nach einer Verletzung durch das austretende Blut Bakterien und andere Fremdkörper größtenteils ausgespült. Um einen größeren Blutverlust zu vermeiden erfolgt bereits nach wenigen Sekunden eine Vasokonstriktion der betroffenen Gefäße.

Thrombozyten lagern sich an den Wänden der verletzten Gefäße an und verklumpen. Gleichzeitig geben das verletzte Gewebe und die Thrombozyten Gerinnungsfaktoren ab, die miteinander sowie mit löslichen Proteinen reagieren, um das Enzym Thrombokinase zu erzeugen. Dieses veranlasst die Umwandlung von Prothrombin in Thrombin, das wiederum lösliches Fibrinogen in nichtlösliches Fibrin umsetzt. Dieses unlösliche Fibrin bildet ein Fasernetz, an dem sich die Thrombozyten verklumpen können. Innerhalb von fünf bis zehn Minuten bildet sich ein Blutgerinnsel.

Im Anschluss an die Vasokonstriktion folgt die Vasodilatation, eine Weitstellung der Gefäße, die nach ca. zehn Minuten ihren Höhepunkt erreicht. Sichtbar wird dieser Vorgang durch eine Rötung und Überwärmung der Haut. Die Permeabilität der Blutgefäße ist erhöht, Blutzellen wandern in das Wundgebiet, Blutplasma gelangt in das Interstitium, ein Ödem ist entstanden.

Während das Serum verdunstet, schrumpft und trocknet das Gerinnsel allmählich zu einem Schorf aus. Die Wunde ist provisorisch verschlossen und vor Austrocknung sowie der Einwanderung von Keimen geschützt.

Entzündungsphase / Reinigungsphase / Exsudationsphase

Phagozyten (Fresszellen) sind in die Wunde eingewandert um Krankheitserreger, Zelltrümmer und toxische Stoffe zu entfernen.

Zu Beginn der Entzündungs- oder Exsudationsphase wandern Leukozyten, angelockt durch chemotaktische Signale, in das verletzte Gewebe. Die Leukozyten sind die Träger des menschlichen Abwehrsystems. Zu ihnen zählen u.a. Neutrophile, Phagozyten und Lymphozyten.

Neutrophile und Phagozyten dienen der unspezifischen Abwehr, sie sind imstande, abgestorbene Zellen und Krankheitserreger durch Phagozytose zu zerstören.

Phagozytose

Nach Opsonisierung des Fremdkörpers (z.B. Bakterie) kommt es zur Adhäsion an den Phagozyten. Der Fremdkörper wird durch den Phagozyten umschlossen und “verdaut” (siehe Abbildung unten). Polymorphkernige Neutrophile wandern als erste an die Verletzungsstelle und sterben nach ein bis zwei Tagen ab. Sie werden durch die Phagozyten, auch Fresszellen genannt, abgelöst. Zu den Fresszellen gehören die mononukleären Phagozyten. Je nach Ort des Vorkommens werden zwischen Monozyten (im Blut) und Makrophagen (im Gewebe, im Wundbereich) unterschieden.

Makrophagen setzen proteolytische Enzyme (z.B. Kollagenasen und Elastasen) und entzündungsfördernde Zytokine (z.B. TNF-Alpha und IL-1Beta) frei. Diese Stoffe sind am Abbau devitalem Gewebes beteiligt und unterstützen damit die Wundreinigung.Makrophagen produzieren auch die Inhibitoren der freigesetzten Enzyme und Zytokine, sie können dadurch den enzymatischen Gewebeabbau in der Wunde genau regulieren.Die Lymphozyten stellen eine Weiterentwicklung der allgemeinen Abwehr dar. Sie tragen auf ihrer Oberfläche Rezeptoren für bestimmte Krankheitserreger (Antigene) und dienen daher der spezifischen Infektabwehr.

Proliferationsphase / Granulationsphase

Makrophagen nehmen eine Schlüsselrolle bei den Reparaturvorgängen während der Wundheilung ein. Sie sezernieren zahlreiche Zytokine und Wachstumsfaktoren (z.B. PDGF, TGF), die maßgeblich an der Koordination der komplexen Abläufe des Heilungsprozesses beteiligt sind. Makrophagen beeinflussen die Bildung von Fibroblasten und Endothelzellen und damit den Übergang von der Entzündungsphase zur Proliferationsphase.

Granulation

Neben den Makrophagen sind Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) in den Hautdefekt eingewandert, sie steuern den Ab- und Umbau der extrazellulären Matrix.

Während der Granulationsphase wird die provisorische Fibrin/Fibronektin-Matrix (Schorf) durch neu gebildetes Bindegewebe ersetzt. Hierbei wandern Fibroblasten in das Wundgebiet ein. Anfänglich wird die provisorische Matrix als Gerüst genutzt, um im Laufe der Zeit durch Matrixproteine ersetzt zu werden.

Entscheidenden Einfluss auf die Fibroblastenmigration sowie den Ab- und Umbau der extrazellulären Matrix haben Matrix-Metalloproteinasen (MMPs). Unter physiologischen Bedingungen wird die Aktivität der MMPs streng durch MMP-Inhibitoren (TIMPs) reguliert. Bei einem Ungleichgewicht zwischen MMPs und TIMPs kann es zu einem vermehrten Abbau von Matrixproteinen und einer Degradation von Wachstumsfaktoren kommen. Die Folge wäre eine chronische Wundheilungsstörung.

Neoangiogenese

Die Neubildung von Blutgefäßen wird maßgeblich durch das Wundmilieu beeinflusst.
Hypoxie, pH-Wert im sauren Bereich und hohe Laktatspiegel fördern die Neoangiogenese. Stimulierend wirken Wachstumsfaktoren, wie z.B. TGF-Alpha und VEGF. Endothelzellen wandern ein, vermehren sich und bilden neue Blutgefäße innerhalb der Fibrinmatrix. Durch die eingesprossten Blutgefäße werden vermehrt Sauerstoff und Nährstoffe für den Reparaturprozess zur Verfügung gestellt.

Gut ausgebildetes Granulationsgewebe erscheint tief rot und hat eine himbeerartige Oberfläche. Das am Wundgrund durchscheinende Blut ist nur von einer dünnen Endothelschicht ummantelt, so dass es bei Berührung leicht zu kleinen Blutungen kommen kann.

Reepithelisierung

Ein gut ausgebildetes Granulationsgewebe ist Grundlage für eine zügige Reepithelisierung. Die Wundoberfläche muss ausreichend durchblutet und leicht feucht sein. Epithelzellen (Keratinozyten) wandern (gleiten) horizontal von den Wundrändern ausgehend über das neue Gewebe. Sobald Keratinozyten aufeinander treffen kommt es zum Stillstand der Migration. Die Zellen verankern sich mit dem Granulationsrasen und bilden eine neue Basalmembran, von der die Differenzierung der Epidermis aus erfolgt.

Bei großen Wunden ist dieser Prozess verzögert oder es findet keine Epithelisierung statt. Die wandernden Keratinozyten finden keinen Kontakt zueinander und verhungern „unterwegs“, da keine Verankerung mit dem Granulationsgewebe erfolgt.

Wundkontraktion und Remodellierung

Bei der Wundkontraktion erfolgt eine aktive Annäherung der Wundränder mit dem Ziel der Schrumpfung und Verkleinerung des Wundvolumens. Die Wundkontraktion setzt – gleichzeitig mit der Remodellierung – bereits einige Tage nach der Verletzung ein.

Während der Remodellierung erfolgt die Umwandlung des Granulationsgewebes zu stabilerem Narbengewebe. Dieser Vorgang kann mehrere Wochen oder auch Jahre dauern. Hierbei ist insbesondere eine Umstrukturierung der Kollagenfasern zu beobachten. Typ-III-Kollagen, das in den ersten Wochen der Wundheilung synthetisiert wurde, wird nunmehr kontinuierlich durch das stabile Typ-I-Kollagen ersetzt. Die Reißfestigkeit des Narbengewebes entspricht auch nach Abschluss der Remodellierung nicht mehr dem Ausgangszustand. Die Festigkeit beträgt nur noch maximal 70%.

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